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14.November 2015 Abflug Team 2
Etwas nervös erwachte ich mit einem flauen Gefühl in der Magengegend. Noch nie bin ich im November irgendwo hin geflogen. Meist liegt halb Österreich unter einer grauen Nebeldecke begraben. Allen Befürchtungen zum Trotz lugte ich verschlafen auf einen grauen dämmrigen Morgen aber ohne Nebel. Also alles rasch ins Auto und ab nach Wolfsberg. Doch nach dem Überqueren der Pack traf mich der eiskalte Umschlag: Ganz Kärnten schien unter einer Nebeldecke begraben.
Es blieb nun die Entscheidung, auf besseres Wetter zu warten oder im Blindflug zu starten und nach hoffentlich wenigen Sekunden die Nebeldecke nach oben zu durchstoßen. Zu warten würde natürlich den Plan, am selben Tag noch Ampuriabrava in Spanien zu erreichen, entgegen stehen. Also stimmten wir ab und fassten den einstimmigen Beschluss, es zu versuchen.
Beim Anrollen schrumpfte die Sicht mit jedem kmh Beschleunigung immer mehr zusammen und erreichte beim Abheben den absoluten Nullpunkt. Im Steigflug dann immer wieder der Dreiecksblick: Geschwindigkeit - künstlicher Horizont - Höhenmesser. Die Sekunden dauern endlos, die Minuten kleine Ewigkeiten bis nach einigen gefühlten Ewigkeiten endlich die Sonne erkennbar wurde und wir schließlich aus der Nebelwand hervorbrachen und dem Himmel entgegenstrebten. Der Flug wurde dann wie eine Fahrt über ein Meer aus Watte.
Wie geplant flogen wir einmal Richtung Italien. Wir wollten die Adriaküste entlang bis ans Ende der Lagune von Venedig, dann durch die Poebene Richtung Genua, danach die Riviera entlang nach Frankreich fliegen. Als wir von den Bergen aus den ersten Blick auf die norditalienische Tiefebene warfen, traf und der Umschlag. Wir sahen nur ein weißes Meer. Offenbar war ganz Oberitalien in Nebel gehüllt, was unsere Pläne mit einem Schlag zerstörte. Uns blieb nur die Kursänderung und wir mussten entlang des Alpenhauptkamms richtung Frankreich fliegen.
Unser Weg führte uns zuerst in die Dolomiten und auf eine Flughöhe von 10.000 Fuss (3.300m). Klar, dass es in der Höhe saukalt ist. Leider zieht es in meinem Flieger an einigen Stellen herein. War es nicht schon Mühsal genug, sich bei kräftigen Nordwest-Wind und heftigen Turbulenzen durch die Berge zu quälen, stieg in mir ein heftiger Harndrang, der mich immer bei großer Kälte befällt. Wir waren erst zwei Stunden unterwegs und hatten noch zirka 6 Stunden vor uns, und ich konnte kaum mehr ruhig sitzen. Als wir nach Bozen den Passo Tonnale überflogen hatten, wusste ich, wir müssen beim nächsten Flugplatz runter. Das war in dem Fall Sondrio.
Kaum am Boden musste ich mich beim Aussteigen ganz vorsichtig bewegen und später vor der einzigen Toilette von einem Bein auf das Andere zu tänzeln, um mir nicht in die Hose zu machen.
Schon kurz darauf konnten wir den Platz körperlich erleichtert und treibstoffmäßig voll wieder verlassen. Wir taten das mit dem Gefühl von großer Dankbarkeit über die gewaltige Gastfreundschaft, die uns in Sondrio begegnete. Landegebühr - Fehlanzeige, dafür Benzin um für italienische Verhältnisse günstige 1,80 Euro.
Vom Comosee aus sahen wir, dass uns in der Ebene von Turin und Mailand das gleiche Nebelbild erwartete wie in ganz Norditalien. Wir bogen also nach einer Abkürzung über einen schweizer Zipfel über den Lago Maggiore in das Aosta Tal ein und stiegen wieder auf 3000 Meter. Dabei genossen wir die Aussicht auf die höchsten Berge unserer Alpen.
Kurz vor dem Mont Blanc bogen wir dann nach Süden ab und flogen in Frankreich ein. Als wir am Tal von Courchevel vorbeikamen, fragte ich Helmut, ob wir einen kurzen Abstecher fliegen sollten, um die Piste eines der 10 gefährlichsten Flugplätze der Welt aus der Nähe zu sehen, stimmte er sofort zu. Er meinte, dass er schon fast alles unternommen hat, um einmal eine Landegenehmigung zu erhalten.

Beim Überflug war zu sehen, dass kaum ein Wind wehte und ich überlegte fieberhaft, ob ich nicht Helmut zu liebe eine Landung versuchen sollte. Er war natürlich sofort einverstanden und wir legten noch eine Pinkelpause in Courchevel ein. Bei meiner letzten Landung hier konnte mich die Pistensteilheit von 20% noch überraschen. Diesmal versuchte ich den Anflug tiefer und ohne Landeklappen. Das führte zu einer ganz sanften astreinen Landung.

Nach einer kurzen Stippvisite in Meribel führte unser Kurs über Alberville und Grenoble hinaus ins Rhone-Tal. Dort wurden wir dann für unser Mühen in den Bergen durch einen kräftigen Rückenwind belohnt. Dadurch wurde es wieder Wahrscheinlicher, dass wir unser Tagesziel in Spanien doch noch erreichen würden. Vorbei ging es an Montpellier und Perpignan zur französich-spanischen Grenze und kurz dannach nach Ampuriabrava. Unsere Funkanrufe blieben unbeantwortet, also landeten wir einfach und stellten den Flieger ab.

Wie ich vorher in Google Maps herausfand, war gleich um die Ecke eine Tankstelle und wir holten uns 80 Liter Super und füllten diese ein.
Danach fanden wir auch gleich in der Nähe ein gutes Hotel und checkten ein. Nach einer Pizza und ein paar Landebieren fielen wir müde ins Bett. Acht Stunden Flug können ganz schön anstrengend sein.
Team 1 mit Reini und Helmuth flogen an jenem Tag bereits nach Fes und bildeten somit die Vorhut für Marokko. Beim Einflug in den marokkanischen Luftraum hatten sie jedoch keine Ahnung von den vorgeschriebenen VFR Routes. (obwohl ich sie vor der Reise mit entsprechenden Karten ausgestattet habe) Helmuth hat kurzerhand den Flug IFR (nach Instrumentenflugregeln) fortgesetzt und konnte so einfach und direkt fliegen.
Beim Schreiben dieser Zeilen sitze ich im Hotel in Granada und sehe, dass es auch schon nach halb eins ist. Also gehe ich jetzt schlafen, um für den morgigen Flug nach Marokko fit zu sein.
15.November 2015
Am morgen, nach einem ausgiebigen Frühstück gingen wir zum Flugplatz. Ich bereitete mich insgeheim auf ordentlichen Stunk vor, da wir am Vorabend eine Schwarzlandung, das heißt ohne Genehmigung vom Boden, hingelegt hatten.

16.November 2015

Beim Flug auf´s Meer in mehr als 2000 Metern Höhe stellt sich wohl jeder Pilot vor, was er wohl tun würde, wenn der Motor plötzlich streikte. Ich denke dann immer an die Worte eines sehr erfahrenen Fliegerkollegen, der lakonisch meinte:" Der Motor weiß ja nicht, dass du gerade über das Wasser fliegst. Wieso sollte er also ausfallen?"
Die Angst währte aber nicht lange, denn schon bald kam die afrikanische Küste bei Ceute in Sicht. Dann begannen die Schwierigkeiten mit den Marokkanischen Controlern. Bei jedem hatte ich das Gefühl, als ob er mich so bald als möglich an den nächsten abwimmeln wollte. Meist war ich dann von der nächsten Station noch so weit entfernt, dass ein Kontakt unmöglich war. Die meisten konnten nicht verstehen was ich sagte. Natürlich wollten alle immer und jederzeit meinen genauen Standort wissen, auch wenn ich mich seit der letzten Frage ja nur ein bis zwei Meilen weiter bewegt haben konnte. Für einen durchschnittlichen Mitteleuropäer ist es wohl die schwierigste Aufgabe, andauernd irgendwelche urkomplizierte VFR Meldepunkte herunterzubeten, die alle noch französisch auszusprechen sind. Nach langem Raten der Controller wiederholten sie die Namen und die klangen dann ganz anders. Hier ein paar einfache Beispiele:
EVIBOUCHURE QUED CHEBEIKA
BGE YOUSSEF BEN TACHAFINE
DAR KAID ZAMZAMI
DAR OULAD ZIDOUH
...
Das ganze Land ist mit einem Netz solcher Namen überzogen. Der Durchschnittsabstand beträgt 20 Meilen. Also muss man ca. alle Viertelstunden einen Positionsmeldung mit den gestammelten Zungenbrechern herunterbeten. Natürlich inklusive des nächsten Wegpunktes und der Zeit die man zum Erreichen dessen voraussichtlich brauchen wird.
Als das Atlas Gebirge näher kam und wir schon fast auf 3.000 Meter aufgestiegen waren, rief uns plötzlich Helmuth vom Team 1, das wir in Quarzazante treffen wollten über Funk, wir sollen abdrehen und nach Marrakesch fliegen. Zähneknirschend drehten wir so knapp vor dem Ziel ab und sanken Marrakesch entgegen. Belohnt wurden wir durch heftige Turbulenzen, die uns bis knapp vor die Landung in Marrakesch begleiteten.

Nach unserer Landung fanden wir die beiden beim Basteln. Ein Treibstofffilter war komplett verlegt und musste ersetzt werden. Zusätzlich hatten sie es geschafft, die Flughafen-Verantwortlichen so zu erzürnen, dass es ein langwieriger Prozess war, Treibstoff zu erhalten. Die Abfertigung war dann praktisch Dienst nach Vorschrift. Es wurden sämtliche Papiere kopiert und die Zollabfertigung dauerte extrem lange. Insgesamt brauchten wir 2,5 Stunden, um den Flughafen verlassen zu können.
Umso größer war die Vorfreude auf das abendliche Landebier.